Wednesday, February 2, 2011

Australia Day...

…ist der 26. Januar. Gefeiert wird die Quasi-Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonie, ein Ereignis, das auf das Jahr 1901 zurück datiert. So richtig unabhängig ist man zwar nicht, schließlich huldigen die Ozzies als Commonwealth-Sklaven immer noch der englischen Krone, aber wenn es einen Grund gibt, um blau zu machen und blau zu werden, ist das hiesige Völkchen natürlich sofort dabei. Die Wege des Schicksals hatten den Berichterstatter inzwischen nach Melbourne geführt, einer Kleinstadt im Süden des Festlands, wo er sich in einem zentral gelegenen Hostel einquartiert hatte und diesen schicksalsträchtigen Tag ordnungsgemäß, sachgerecht und zielführend bestritt. Und das kam so:
18.35: Vom nahe gelegenen Bottleshop gelingt es mir ohne strafrechtlich aktivzu werden, zwei Flaschen Rotwein zum Preis von einer zu erwerben und in meinem 6-Mann-Zimmer zu deponieren.
19.10: Ich verständige mich gerade mit unserem nigerianischen Freund via Skype über den voraussichtlichen Ausgang der Australian Open, als Gael, mein französischer Zimmerkollege, mit einem französischen Pärchen und diversen Litern Goon ins Zimmer eindringt. (Goon ist ein ebenso billiges wie schwer verdauliches Getränk, das als Wein zu bezeichnen dem Kenner sofort Würgereize verursachen würde).
19.40: Der weibliche Part des Pärchens, ich glaube sie hieß Monique, hat eine spezielle Vorliebe für Rammstein. Also hören wir das eine ganze Weile und trinken dabei so dies und das.
20.05: Was an Alkohol noch übrig, wird in Plastikflaschen umgefüllt. Dann geht’s zur Straßenbahn, wobei wir auf dem Weg dahin noch Miss Schweiz 2008 und ihre um einiges hübschere Freundin einsacken. Beide aus der französischen Schweiz, so dass die Kommunikation sehr froschlastig wird.
20.15: Erste Verbrüderungsszenen in der Straßenbahn mit bereits gut angetrunkenen australischen Kids.
20.30: Ankunft am Federation Square. Auf der Bühne trällert ein Chor australische Hits, vom anwesenden Publikum mehr oder minder fachgerecht begleitet. Als Abschluss liegt sich der ganze Platz bei Waltzing Matilda in den Armen (wusste gar nicht, dass das australisch ist..)
20.50: Erste Begegnung mit den gelb gekleideten Security Kräften, denn Alkohol trinken ist in der Öffentlichkeit verboten.
21.00: Großes Feuerwerk über dem Fed Square. Ohhhs und Ahhhs allerorten. Und die Chance, unbeobachtet wieder etwas Alkohol zu vernichten.
21.45: Noch mehr Schweizer stoßen hinzu, die über den Umstand, Miss Schweiz leibhaftig vor sich zu sehen, so beglückt sind, dass sie sich unserer Truppe anschließen.
22.30: Nachdem sämtlicher Alkohol vernichtet ist, führt der Weg in die Lounge, einem nahe gelegenen Club. Die ersten Verluste sind zu beklagen: Moniques Zusrand ist mittlerweile so beklagenswert, dass sie es vorzieht, nach Hause zu gehen. Auch ihr Freund, nennen wir ihn Olivier, funktioniert nur noch rudimentär.
23.10: Beim Ordern der zweiten Rum-Cola komme ich mit einer Australierin ins Gespräch, die ich aufgrund meines Zustands und der örtlichen Besonderheiten so gut wie nicht verstehe. Um die Situation zu retten, nehme ich ihren Hut weg, setze ihn mir auf und fasele etwas von „Nice hat.“ Kurze Zeit später verlieren wir uns aus den Augen.
23.50: Etwas Chillen auf der Terrasse des Clubs. Glücklicherweise hat Gael viele Zigaretten dabei, so dass wir ordentlich rauchen können. Miss Schweiz, auch schon mehr als angeheitert, verteilt Bussis an alle, was dankend akzeptiert wird.
00.15: Auf der Tanzfläche steht plötzlich die Australierin neben mir. Wir tanzen miteinander und fassen uns so hier und da an. Dann schnappt sie sich ihren Hut und wandert zu einem überaus breitschultrigen Glatzkopf, mit dem sie sich animiert unterhält.
00.30: Ich stehe mit einem der Schweizer an der Bar, um ein neues Bier zu bestellen, und unterhalte mich über den Sinn und Unsinn von Misswahlen.
00.50: Wieder eine Kippe auf der Terrasse. Olivier, der französische Kumpel, hat es inzwischen endgültig geschafft. Es stellt sich heraus, dass er schwul ist, was ja seit einiger Zeit keine Straftat mehr ist. Das hätte er auch vorher sagen können, dann hätte man sich mehr um Monique gekümmert. Ich brauche wieder ein Bier.
01.25: Auf der Tanzfläche steht plötzlich die Australierin neben mir. Sie faselt etwas Unverständliches, das ich als „See, I come back.“ interpretiere. Wir tanzen miteinander und fassen uns so hier und da an. Danach geht sie wieder zu dem breitschultrigen Glatzkopf. Ich entscheide mich für eine weitere Rum-Cola.
02.00: Auf der Terrasse ist es wirklich angenehm. Die Nacht ist nicht kalt und frische Luft tut immer gut, wenn man viel raucht. Olivier hat mittlerweile kaum noch ein Gesicht und Augen, denen die Pupille fehlt. Dennoch besitzt er gerade noch genug Energie, um mir debil grinsend die Hand unters Hemd zu schieben und etwas von „You are beautiful“ zu faseln. Ich grinse ebenfalls debil und versuche ihm freundlich zu verstehen zu geben, dass ich nicht schwul bin.
02.35: Nach einem neuerlichen Kaltgetränk befinde ich mich wieder auf der Tanzfläche. Allerdings ist die Australierin mitsamt Hut verschwunden, so dass ich mich bald wieder nach draußen begebe.
02.50: Diesmal kann ich die frische Luft besser genießen, da sich Olivier einen der Schweizer, wie soll man sagen, zur Brust genommen hat. Ich unterhalte mich mit Gael über die Vorzüge von Goon und deutsche Frauen (er hat eine deutsche Freundin).
03.25: Ich weiß nicht, was ich in der Zwischenzeit gemacht habe, aber ich bin schon wieder auf der Terrasse. Olivier schläft neben mir und ich sitze an einem Tisch mit zwei Chinesinnen. Die eine kommt aus Taiwan, die andere ist Australierin. Ich heiße inzwischen Jonathan und komme aus Schottland. Gut zehn Minuten lang erzähle ich den beiden etwas von den Highlands und Loch Ness. Dann schlägt die Australierin vor, dass wir tanzen gehen. Also tanzen wir miteinander und fassen uns so hier und da an. Hierauf verschwindet sie wieder, um sich mit einem anderen Typen zu unterhalten (diesmal ohne breite Schultern).
03.45: Ich wanke wieder nach draußen, wo ich auf Gael treffe, der inzwischen in Problemen steckt. Ein Security-Mensch will ihn wegen offenkundiger Trunkenheit aus der Lokalität entfernen, doch Gael hat seinen Rucksack irgendwo verdasselt. Gemeinsam können wir noch eine Schonfrist aushandeln und finden denn auch tatsächlich das kostbare Stück.
04.05: Voller Freude ordern wir ein weiteres Bier und setzen uns auf die Terrasse. Uns gegenüber kann ich schemenartig die Chino-Australierin ausmachen, die mit irgendjemand im Gespräch vertieft ist. Noch bevor ich meine Optionen durchdenken kann, wird plötzlich Gael der Stuhl unterm Hintern weggezogen, und wir sehen uns den ebenso zornigen wie geistlosen Augen des Türstehers ausgesetzt, der damit wohl zum Ausdruck bringen möchte, dass mein französischer Freund die Örtlichkeit nun zu verlassen hat. Nach einem wehmütigen Blick zum Nachbartisch beschließe ich, ihm zu folgen.
04.25: Wir sitzen in einer nahe gelegenen Burgerbude und bestellen uns ein gesundes Mahl. Nachdem ich zum Frühstück einen Sub hatte und zum Mittag bei McDonalds war, ist dies nur der logische Ausklang des Tages. Um uns herum präsentiert sich ein geraumes Maß an femininer Fettleibigkeit, was uns zu stark fundierten philosophischen Betrachtungen über das weibliche Geschlecht Anlass gibt und in einem Lachflash endet.
04.40: Wieder im Hostel finden wir schließlich auch Monique und Olivier wieder, beide friedlich vor sich hin schlummernd. Ein Kreis schließt sich. Australia Day ist Geschichte.

1 comment:

  1. Da ist der Schreiberling nun so weit und so lange gereist, um mal was NEUES kennenzulernen, und dann? Ja was solls, die Chance ist vertan! Und der Olivier hat es doch eigentlich ganz behutsam angehen lassen. Doch was ist wirklich zwischen 02.00 und 02.35 passiert? Ich schmeisse mal eine konkrete Frage in den Raum: "Und fassten sie sich so hier und da an?".

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