Friday, January 28, 2011

Regen...

…gab es in Australien in letzter Zeit sehr viel. Auf unserem gemütlichen Tasmanien waren wir diesbezüglich verschont geblieben. Nicht dass man unter einer Hitzewelle zu leiden hatte und literweise Sonnencreme verbrauchte, aber es ging. Durchwachsen, aber eben nicht Queensland. Das sollte sich ändern, als Elbo und ich beschlossen, für fünf Tage die Ostküste mit seinem Toyota, der in Wirklichkeit ein Mitsubishi ist, wie sich mittlerweile herausstellte, entlang zu fahren.
Weil wir auch anderen Leuten unser erworbenes KfZ-Mechaniker-Geschick demonstrieren wollten, hatten wir uns für die zu erwartenden Pannen einen Gast mit ins Boot bzw. den Van geholt, nämlich die Jana (Foto nebenan, unter dem Hut). Goldige achtzehn und aus Bayern, aber niemand ist halt perfekt. Ziel der Unternehmung war es, so hatten wir im Vorfeld beschlossen, Jana dazu zu bringen, einmal während des Trips nein zu sagen, wenn ihr etwas angeboten wurde. Das war uns bei sämtlichen Alkoholitäten bis dato nicht gelungen, weil das blonde Ding mit dem ihr eigenen Gleichmut „Ja, warum nicht.“ säuselte und den Rachen öffnete. Aber diesmal hatten wir natürlich mehr in petto.
Am Mittwoch sollte es losgehen, am Dienstag fing es an zu regnen. Nun gibt es Regen und Regen. Dieser Regen war von einer Konsistenz und Ausdauer, der man als Fachmann nur Respekt zollen konnte. Der Schreiberling hatte so etwas seit den Tagen von Nottingham 1998 (insbesondere der Junimonat jenes Jahres) nicht mehr erlebt. Es wurde gar nicht mehr hell, überall nur graue Suppe. Davon unverdrossen rüsteten wir unseren blechernen Rappen und machten uns auf den Weg nach Bicheno, was so klingt wie eine Westernstadt in der Nähe der mexikanischen Grenze, in Wirklichkeit aber einen schönen Nationalpark mit reichlich Bäumen, Sträuchern und Wallabys beheimatet. Und natürlich den Apsley River, wie wir bald erfahren durften.
Da es im Dauerregen nicht viel zu erkunden gab, machten wir es uns im Van gemütlich und fragten Jana, ob sie so dies und das wolle. Sie wollte alles, und so legten wir uns allesamt gut breit schlafen. Als es am nächsten Morgen immer noch regnete, hielten wir es für angebracht, Bicheno zu verlassen und gleich Richtung Norden weiterzufahren, denn irgendwo musste das bessere Wetter ja sein. Doch der Apsley hatte andere Pläne (siehe Foto). Unglücklicherweise war die abgebildete, bzw. eben nicht abgebildete Straße die einzige, die uns aus dem Nationalpark führen konnte, so dass uns nichts anderes übrigblieb als zum Carpark zurückzukehren und auf bessere Zeiten zu hoffen.
Weil wir uns unseres Vermögens, in jeder Situation zurecht zu kommen, bewusst sind, machten wir uns keine Sorgen. Der Wald würde schon genug Nahrung bieten, hin und wieder ließe sich bestimmt ein Fisch fangen, und eine Frau zur Fortpflanzung und Arterhaltung hatten wir ja auch dabei. Als erstes platzierten wir auf unglaublich geschickte Weise eine Plane vom Transporter zu den Bäumen, die uns, wenn auch nur etwa brusthoch, die nötige Trockenheit zum Kochen spendete. Alsdann leisteten wir uns ein leckeres Omelette zum Frühstück und begannen recht frühzeitig, die Freude spendenden Ingredienzen herauszuholen und zu konsumieren.
So verging die Zeit, und als das Grau außerhalb des Fahrzeug in Schwarz überging waren wir wieder gut breit und konnten voller Stolz behaupten, noch nie einen Tag im Leben gehabt zu haben, an dem wir uns weniger bewegt hatten. Nämlich insgesamt ungefähr fünfzehn Meter für ein- zweimal Geschäft verrichten.
Als wir am nächsten Morgen aufwachten, regnete es ganz überraschend. Für ein paar Minuten während der Nacht hatte es aufgehört, ganz stark zu regnen, aber mittlerweile prasselte es wieder in gewohnter Weise. Frohen Mutes richteten wir uns also darauf ein zu frühstücken, Karten zu spielen und Bier zu trinken, wollten aber vorher noch einen Spaziergang durch den Nationalpark machen, um vielleicht das ein oder andere Wallaby zu erlegen, um die Vorräte aufzustocken.
Das gelang uns zwar nicht, aber dafür trafen wir ganz überraschend auf Menschen, und weil wir von Natur aus mit großer Kombinationsgabe ausgestattet sind, kamen wir zu dem Schluss, dass die Straße wieder befahrbar sein musste. Energische Nachfragen bei besagten Wesen bestätigten unsere Vermutung, und so konnten wir dann doch früher als erwartet unseren Archipel verlassen. Freilich nicht ohne Wehmut, denn schließlich waren wir für anderthalb Tage die unumschränkten Herrscher dieses Gebiets gewesen.
Der Weg führte uns nach St. Helens, wo es sehr stark regnete. Hier trafen wir an einer BBQ-Station auf Robinson Crusoe und seine Freundin, mit der wir gemeinsam am frühen Abend das Ende des Regens feierten. Und zwar ordentlich. Am nächsten Morgen waren es dann gleich 25 Grad, tief blauer Himmel und strahlendster Sonnenschein. Als wäre seit drei Wochen keine Wolke am Himmel gewesen. Flugs machten wir uns auf zur Byron Bay, der eigenen Aussagen zufolge zweitschönsten Bucht der Welt, wobei der Berichterstatter leider nicht weiß, wo sich die schönste befindet. Hierbei entstand denn auch nebenstehendes Foto, welches festhält, wie Jana Robinson Crusoe und seine Freundin über ihre Einstellung zur Globalisierung befragt und wie Nathans Ringparabel im Kontext der Klimaerwärmung zu deuten ist.
Durch die Hitze düsten wir gut zwei Stunden später wieder runter nach Freycinet, wobei der Schreiberling fast eine Schlange überfahren hätte, die sich unvorsichtigerweise auf dem warmen Asphalt sonnen wollte. Leider war das Exemplar, es war wohl eine Black Snake, offenbar so erschrocken, dass es bereits das Weite gesucht hatte, als Elbo zurückging, um es zu fotografieren. In Freycinet war es dermaßen heiß, dass wir uns den Regen zurückwünschten, als wir gut dreihundert Höhenmeter durch den Wald erklimmen mussten, um einen Blick auf die Wineglass Bay werfen zu können. Immerhin lohnte es sich.
Das Wasser war ebenso schön wie kalt, aber da die beiden anderen schon Mut bewiesen hatten, blieb auch dem Verfasser nichts weiter übrig als in die Fluten zu steigen, was sich in etwa so anfühlte, als würde man in ein Gefrierfach krabbeln. Nur größer. Auf dem Rückmarsch über die besagte Anhöhe war es dann soweit: Jana machte schlapp. Schweißüberstromt klagte sie davon, viel zu kurze Beine zu haben, und dass das ungerecht sei, usw. Trotzdem schleppte sie sich noch tapfer bis zum Auto und war dort die erste, die sich eine Kippe drehte. Danach schlief sie mehr oder weniger sofort ein und wachte nur noch mal abends zum Essen kurz auf.
Für die letzte Nacht hatten wir uns ein lauschiges Plätzchen nicht weit entfernt von der See gewählt, wo wir den Trip gemütlich ausklingen ließen und darauf achteten, dass auch wirklich alle Freude spendenden Vorräte vertilgt wurden.

Tuesday, January 18, 2011

Tennis...

…lief auch in Hobart. Die WTA-Tour gab sich in Vorbereitung auf die Australian Open in Melbourne die Ehre, und wir gaben uns, weil wir sportbegeisterte Menschen sind, denn gleichmal die Nightsession der ersten Runde. Hier kam es zum Showdown zwischen der ehemaligen Nummer 1, Dinara Safina, die in letzter Zeit Rücken hatte und deswegen in der Rangliste ziemlich abgerutscht ist, und Fräulein Bartoli (hier in einer Aufschlagstudie zu bewundern), ihres Zeichens Nummer 16 der Welt und in Hobart an eins gesetzt.
Gleich ein Knüller zum Auftakt also, dem wir bei leichtem Nieselregen und achtzehn Grad im gut gefüllten Tennisoval zu Hobart beiwohnten. Elbos Kumpel aus Hobart, Markus, war auch dabei und besaß auch gleich die Freundlichkeit, eine Runde Kaltgetränke am Einlass zu ordern. Derartig gut ausgestattet konnten wir nach dem ersten Seitenwechsel unsere Plätze einnehmen und das anwesende Volk mit einem kräftigen „Hier regiert der FCM!“ von unserem Erscheinen in Kenntnis setzen.
Zu diesem Zeitpunkt stand es schon 3:0 für Bartoli, und noch ehe wir uns darüber einig waren, ob wir denn die langen Beine Safinas oder die insgesamt etwas runder geformte Erscheinung Bartolis präferieren, war der erste Satz bereits Geschichte: 6:0. Das war natürlich nicht so ganz im Sinne des Erfinders; schließlich hatten wir siebzehn Dollar für die Abendsession bezahlt, und das Bier war auch noch nicht alle. Große Erleichterung und Riesenjubel im weiten Rund dann beim Stand von 2:0 für Bartoli im zweiten Satz, als Safina ein Break und damit ihr erster Spielgewinn gelang. Es sollte ihr einziger bleiben. Auch wenn die Spiele umkämpfter waren als im ersten Satz, machte die Russin einfach zu viele Fehler und schlich am Ende mit einem deprimierenden 0:6 1:6 vom Platz.
Das taten wir freilich nicht, denn danach war noch ein Damendoppel angesetzt, das sich ganz überraschend als Highlight des Abends entpuppte und unsere Gemüter noch Tage danach bewegte. Es spielten zwei Russinnen mit unaussprechlichen Namen gegen eine Russin und eine Landsfrau aus (vermutlich) Indonesien, ebenfalls mit unaussprechlichen Namen. Als die Einschlagphase lief, dachten wir uns, dass wohl eine der vier Damen noch auf Toilette war, weil sich ihre Partnerin zusammen mit einem Rapper aus der Bronx warmspielte. Doch als eben jener Rapper auch nicht vom Platz weichen wollte, als die ersten Aufschläge übers Netz flogen, wurde uns klar, dass wir entweder zu viel Bier getrunken hatten oder die uns hier einen Bären aufbinden wollten.
Zur Illustration einmal eine Szene aus dem ersten Satz, und der geneigte Leser mag sich selbst die Frage stellen, was an diesem Bild nicht stimmt. Wohlgemerkt, es handelt sich um ein Damendoppel. Lustigerweise war es nicht nur das Äußere, was männlich wirkte, sondern vor allem die Körpersprache und Bewegungsmotorik unseres schwarzen Kumpels, der mit einknickenden Knien und hängenden Schultern locker über den Platz schlürfte, als hätte er gerade mit Kobe Bryant ein paar Körbe für die Los Angeles Lakers versenkt.
Das war natürlich gefundenes Fressen für unsere Tribünenfraktion, und Elbo verbalisierte nur zu gerne seine Begeisterung, indem er jede Aktion im Gedenken an Peter Michallak mit einem lautstarken „Sauber, Langer!“ oder „Schöner Volley, Langer!“ kommentierte, was uns auch, aber eben nicht nur nette Blicke einbrachte. Beim Stand von 5:3 für die beiden Damen wurde das Spiel wegen des stärker werdenden Regens unterbrochen, und wie es manchmal so ist im Leben, haben wir nie erfahren, dass es weiterging, wie es weiterging und ob irgendjemand außer uns ebenfalls den Schwindel herausbekam. Auffällig genug war es jedenfalls.

Tuesday, January 11, 2011

Kirschen...

…waren schon immer des Schreiberlings Lieblingsfrucht. Freunde und Kenner des rot ummantelten Kernobstes werden mir recht geben, dass sie mit ihrem zartem Stiel und festem, schmackhaftem Fleisch etwas Erhabenes und Würdevolles ausstrahlen. Wenn man die Haut mit gefühlvollem Zahneinsatz knackt und der süße Saft den gierigen Gaumen hinunterrollt, ist das besser als alles andere auf der Welt. Pflaumen zum Beispiel.
Umso mehr freute es mich, dass Elbo für uns beide eine Kirschfarm ausfindig machen konnte, auf der wir drei Tage lang die lieblichen Früchte pflücken durften, uns kiloweise davon selbst in den Schlund schoben und auch noch ein erkleckliches Sümmchen daran verdienten. Die Summe des zu verdienenden Geldes verhält sich beim Farming übrigens direkt proportional zur Masse des gepflückten Obstes. Menschen mit drei und mehr Armen sind eindeutig bevorzugt. Elbo berichtete mir im Vorfeld von sagenumwobenen Kanadiern, denen er bei seinen bisherigen Tätigkeiten begegnet war, die extra nach Australien kamen, um durch Kirschen pflücken ein Vermögen zu machen. Ein jeder von ihnen besaß sechs Arme, mit denen sie durch die Äste pflügten und den bedauernswerten Baum sprichwörtlich vernichteten. Solcherart ausgestattet macht man als Picker dann mal schon 600 Dollar am Tag, und das ergibt nun wahrlich keinen schlechten Stundenlohn.
Unser erstes Hindernis, als wir in der Kirschfarm in Richmond, ca. 30 km nordöstlich von Hobart, anlangten, war mein fehlendes Arbeitsvisum. Selbstverständlich hatten wir uns vorher eine Geschichte zurecht gelegt, die mich um einige Jahre verjüngte und mich bereits über ein Jahr in Australien rumreisen ließ. (Unser Argument lautete also, dass mein Arbeitsvisum abgelaufen war und ich auf Stefans Steuernummer arbeiten wollte.) Mit Chris, dem Farmer, gab es keine Probleme, aber beim abendlichen BBQ anlässlich des 12. Geburtstags der jüngeren Tochter begann Sally, des Farmers Frau und in bürokratischen Belangen etwas fokussierter, überaus investigativ alle anwesenden Picker nach ihrer Vita auszufragen. Wie sich herausstellte, waren sowohl Chris als auch Sally Journalisten, die einfach gerne viele Fragen stellten, aber dennoch reichte es, so zumindest Elbos Kommentar, dass mir des Öfteren der Schweiß auf der Stirn stand, wenn ich von meinen Pflückerfahrungen in Victoria berichten musste, ohne auch nur einen blassen Schimmer von den geographischen Begebenheiten dieser Gegend zu haben. Doch mit der uns eigenen Souveränität gelang es uns, alle konversatorischen Klippen zu umschiffen und unbehelligt und gut genährt ins hartbödige Zelt zu kommen.
Auf der Farm gab es neben diversen Kirschbäumen auch eine interessante Fauna zu bestaunen. Die vorrangigste Absonderlichkeit war ein seltsam gepolter Schäferhund, der in Ermangelung einer Schafherde vier Guineefowls (siehe Foto) als seine Fittiche auserkoren hatte. Offenbar, so erklärte man uns, war das Betreuergen bei diesem Exemplar so fest verwurzelt, dass er unabhängig von Aussehen, Rasse und Gemütsstimmung seiner Fürsorgepflicht nachkam. Die Vögel waren nicht durchweg begeistert. Schließlich wurden sie um fünf Uhr morgens am Gatter in Empfang genommen und danach den ganzen Tag lang über den Hof gescheucht. Hin und wieder protestierte einer der gefiederten Freunde, aber Mags, so der Name des Hundes, zeigte dann nur allzu deutlich, dass er seine Arbeit nicht zum Spaß verrichtete.
Der andere Held des Hofes war ein stattlicher Hahn, der keinen Namen hatte und den wir deshalb Kalle Binias tauften. Dieses Exemplar war eindeutig Chef im Ring, hart im Auftreten aber liebevoll im Geiste. Eine Studie seines Verhaltens bot zudem interessante Quervergleiche zur menschlichen Rasse, denn es zeigte sich, wie entspannt und erhaben man doch den Biotop durchschreitet, wenn man konkurrenzlos alle Chicks seines Harems durchvögeln kann. Und Kalle hatte einige in seinem Harem.
So gab es denn jeden Tag frische Eier, und am Sonnabend, dem Tag der Abreise, schafften es Elbo und ich, zehn davon zu verspeisen. Zusammen mit den sechzig Kilo Kirschen, die wir während des dreitägigen Aufenthalts verputzt hatten, sorgten sie für eine sehr ausgewogene Diät, etwas das man braucht, wenn man so hart arbeitet. Zwei Kilo von den sechzig nahmen wir mit nach Hause, kauften unterwegs eine Flasche Wodka und kreierten abends im Hostel einen neuen Drink namens… jawohl, ganz richtig: Cherry-Vodka. Dazu nehme man ein Schnapsglas, befülle es mit Wodka und lege dann eine Kirsche oben drauf. Die Kreation ist ebenso einfach wie verblüffend. Und vor allen Dingen wirkungsvoll. Der Leser mag sich, um die dabei verspürte Wollust nachzuempfinden, noch einmal die einleitenden Zeilen zu Gemüte führen, insbesondere den Teil, wo die knackende Haut der Kirsche den Saft des Fruchtfleisches freigibt, und diesen Genuss dann imaginativ mit dem dazu rinnenden Wodka kombinieren…

Wednesday, January 5, 2011

Bruny Island...



…befindet sich 30 km südlich von Hobart und lässt sich geschmeidig durch eine 20 minütige Überfahrt mit der Fähre erreichen. 2006 und 2008 hat das idyllische Eiland den Award für die beste Tourismusattraktion Australiens erhalten, und Elbo und ich haben Einiges dafür getan, dass der Preis für 2011 auch wieder an das Inselparadies geht. Normalerweise bewundert man hier Pinguine, Seelöwen, Delfine, Wale plus die auf dem Land übliche reichhaltige Flora und Fauna; diesmal gab es für alle die, die mit uns auf der Fähre waren, gleich zu Beginn einen neuen Star zu bewundern: unseren hartgesottenen, unermüdlichen, wenn auch manchmal etwas streitsüchtigen Toyota Van.

Wie aus einem der vorangegangenen Posts ersichtlich offenbart sich die Widerspenstigkeit unseres Gefährts zumeist in höchst unglücklichen Momenten. Hier war es der Augenblick, da wir das Schiff verlassen wollten. Weil wir umweltbewusste Menschen sind, hatten wir selbstverständlich den Motor während der Überfahrt abgestellt, aber als Elbo nun die Zündung betätigen wollte, verweigerte das Gerät seine Zustimmung. Vielmaliges Rackeln, was sonst immer als Allheilmittel wirkte, funktionierte nicht. Die Zündung blieb aus.
Nun kann sich jeder vorstellen, dass die Möglichkeiten des Verlassens einer Fähre begrenzt sind. Hier gab es genau eine Rampe, weshalb wir auch relativ rasch in den Mittelpunkt des Interesses gerieten. Ein besonders interessierter, wild gestikulierender Angestellter des Fährbetriebs kam denn auch sogleich heran und erkundigte sich nach dem Zustand unseres Vehikels. Darüber konnten wir nur bedingt Auskunft geben, lernten aber im Laufe des Gesprächs immerhin eine neue Vokabel (kill switch – was wohl Kurzschluss heißt). Das schien durchaus plausibel, denn bei laufendem MP3-Player und angeschlossenem Kühlschrank war es der Sicherung vielleicht einfach ein bisschen zu viel, jetzt auch noch den Anlasser anzuschmeißen.
Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf begannen wir zusammen mit großen Teilen der Bedienschaft den Wagen auf die Rampe zu schieben, was dem Schreiberling sehr recht war, weil er nur ungern zu lange im Mittelpunkt steht. Dann wurde die Rampe gesenkt, und unser Toyota durfte frohen Mutes aufs Land rollen. Es sollte für einige Zeit seine letzte Bewegung gewesen sein.
Bruny Island ist etwas größer als Rügen, und es ist nicht so, dass es dort vor Kfz-Werkstätten nur so wimmelt. Eine Option, die uns im nahegelegenen Store vorgeschlagen wurde, bestand darin, den Wagen zurück auf die Fähre zu rollen und auf dem Festland nach geeigneten Mechanikern zu forschen. Das hätte natürlich nicht nur unsere sorgfältig ausgearbeiteten Pläne durcheinander gebracht, sondern noch dazu das Reisebudget nachhaltig beeinflusst. Also machten wir uns selbst ans Werk, bzw. vorrangig Elbo, während sich der Schreiberling bis auf einige gut gemeinte Kommentare und aufmunternde Worte eher im Hintergrund hielt.
Ein interessierter Blick in den Motorraum verriet bis auf die Tatsache, dass eine Hohlraumkonservierung dem Gefährt gut tun würde, nicht viel Neues. Der Sicherungskasten hatte alle möglichen Schalter, aber keinen für die Zündung (sehr wahrscheinlich, weil es keinen gibt), also begannen wir, das Problem räumlich anzugehen und die Lenkradabdeckung abzuschrauben, weil die darunter befindlichen Elemente der Zündung am nächsten sind. Diese clever durchdachte Strategie war jedoch nicht von Erfolg gekrönt, denn die Abdeckung weigerte sich hartnäckig, den Weg frei zu geben, und weil Gewalt niemals eine Lösung ist, ließen wir schließlich davon ab.
Eine gewisse Ratlosigkeit machte sich breit, währenddessen wir nochmals ohne rechten Glauben im Motorraum rumstocherten. Und siehe da, einmal an der richtigen Stelle gestochert, und schon begannen die Scheibenwischer voller Inbrunst über das trockene Glas zu wedeln . während die Warnblinkanlage freudig flackernd das Ende der stromlosen Zeit verkündete (im allgemeinen Frust hatten wir sämtliche Schalter und Hebel betätigt). Nachdem alle Indizien zusammengetragen wurden, konnten wir kombinieren, dass sich das Kabel vom Minuspol etwas gelöst hatte und dadurch den fehlenden Stromfluss verursacht hatte.
Justament als die Fähre wieder zurückkam, hatten wir die Batterie gefixt und konnten, begleitet von den bewundernden Blicken der Fährbesatzung, die Reise fortsetzen.
Zunächst ging es zum Strand, doch nach einigen vergeblichen Versuchen, die Sonne dauerhaft zum Vorschein zu bringen, entschieden wir uns, auf den südlichen Teil der Insel zu fahren, um hier einen Walk hoch zum Cape Flutes vorzunehmen. Mittlerweile war es später Nachmittag, was wir jedoch selbst nicht wussten, weil wir uns auf die Uhr im Auto verließen, die sich jedoch mitsamt der Batterie eine Auszeit genommen hatte und dementsprechend ein gehöriges Stückchen hinter hing. Allerdings erwies sich dieser Umstand als überaus glücklich, denn auf dem nun folgenden, etwa vierstündigen Walk gerieten wir in die Dämmerung hinein, was die Zeit ist, in der die meisten Tiere Australiens aktiv werden.
Das erste Wesen, das unserem naturforscherlichen Drang zum Opfer fiel, war der hiesige Ameisenigel, oder wie der Australier sagt: Kidner. Nebenstehend kann man ein Exemplar dieser Gattung bewundern, und wenn man sein Antlitz noch sehen könnte, würde man feststellen, dass die Kreatur in der Tat, wie der Name schon sagt, eine Mischung aus Igel und Ameisenbär ist. Leider verkroch sich das Geschöpf unter dichtem Gezweig und war auch durch gutes Zureden nicht zu einem Interview zu gewinnen. Der Kidner ist ein recht gemütlicher Zeitgenosse, der sich hauptsächlich von Insekten, Käfern und anderem Gekreuch ernährt. Einmal blickte er auf und maß die beiden Forscher mit gelangweilten Blick, bevor er das Haupt wieder senkte und seiner üblichen Verrichtung nachging, die auf dem Bild relativ gut eingefangen wurde.
Etwas mehr war dann schon bei den Wallabys los, die wir kurz darauf in einer Lichtung sehen konnten. Im Bewusstsein ihrer großen Sprungkraft ließen sie uns ziemlich nahe herankommen, so dass beeindruckende Filmaufnahmen entstehen konnten. Die Verzerrungen im Bild sind der Tatsache geschuldet, dass der Verfasser im Zuge der Annäherung die typische Hüpftechnik der Wallabys nachzuahmen versuchte.
Mittlerweile war es richtig dunkel geworden, und wir machten uns auf den Weg nach Cloudy Bay, wo wir unser Nachtlager geplant hatten. Hätten wir es darauf angelegt, hätte es zum Dinner Wallaby-Fleisch gegeben, so viele der rastlosen Hopser versuchten sich vor unser Auto zu stürzen. Aber wir hatten ja ordentlich eingekauft, und so gab es eine Reispfanne mit ordentlich Kalbsfleisch, wonach wir es uns im Hinterleib des Toyotas gemütlich machten und mit dem Rauschen der Meeresbrandung und einer Flasche tasmanischen Biers in den Schlaf gewogen wurden.